Warum hat Kladow keinen Ortsbeirat?
Ein Meinungsbeitrag

Eine Gemeinde ist eine demokratisch legitimierte Gebietskörperschaft. Bei einer Gebietskörperschaft handelt es sich um eine rechtliche Institution, die über ein bestimmtes Staatsgebiet herrscht. Sie übt im Rahmen der Verfassungsordnung die ihr zugewiesenen rechtlichen Kompetenzen aus. Den Vorgaben der demokratisch legitimierten Organe müssen sich alle Bürger und Unternehmen mit Wohnsitz beziehungsweise Rechtssitz in diesem Gebiet unterordnen. Zu den Gebietskörperschaften in Deutschland zählen der Bund, die Länder, Landkreise und Gemeinden.

Das Kladow benachbarte Groß Glienicke – viel kleiner als Kladow – hat zwar keinen Gemeinderat (Groß Glienicke ist ein Stadtteil von Potsdam), aber einen Ortsbeirat. Der Ortsbeirat ist in der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg vorgesehen. Und zwar “wenn ausreichend große, räumlich getrennte, bewohnte Gemeindeteile vorhanden sind.” (§45 BbgKVerf)
Der Ortsbeirat ist in folgenden Angelegenheiten zu hören:
– Planung von Investitionsvorhaben in dem Ortsteil,
– Aufstellung, Änderung und Aufhebung des Flächennutzungsplans sowie von Satzungen nach dem Baugesetzbuch und bauordnungsrechtlichen Satzungen, soweit sie sich auf den Ortsteil beziehen,
– Planung, Errichtung, Übernahme, wesentliche Änderungen und Aufhebung von öffentlichen Einrichtungen in dem Ortsteil,
– Aus- und Umbau sowie zu Entscheidungen über Straßen, Wege und Plätze in dem Ortsteil,
– Änderung der Grenzen des Ortsteils und
– Erstellung des Haushaltsplans.
Warum hat der Ortsteil Groß Glienicke diese Rechte und der Ortsteil Kladow nicht? Berlin hat keine Kommunalverfassung. Wahrscheinlich weil Berlin nicht nur ein Bundesland, sondern auch eine Stadt ist. Berlin hat aber einige wenige Ortsteile die “ausreichend große, räumlich getrennte” Einheiten darstellen. Kladow ist deutlich abgegrenzt vom Siedlungszusammenhang Berlins und seine Bewohner identifizieren sich mit dem Ortsteil.

In der Phantasie ist es ganz einfach: Hätte Kladow einen Ortsbeirat, sähe in Kladow vieles ganz anders aus. Ein Ortsbeirat, demokratisch gewählt, vielleicht sogar mit einem parteilosen Ortsvorsteher, der im Ort bekannt ist, weil er sich um Kladow kümmert und nicht auch noch andere Orte zu verwalten hätte. Die gewählten Bürgervertreter im Ortsbeirat würden sich für die Verbesserungen der Lebensbedingungen in Kladow einsetzen, weil sie Kladow kennen und im Ort vernetzt sind. Kladow hätte einen Etat von einigen Zig-Millionen, der für eine gute Infrastruktur in Kladow und einen schönen Ortskern eingesetzt werden könnte – nach dem Willen der Kladower. Bauleitplanung, Straßenbau und Grünflächen würden in Kladow verhandelt werden – von Kladowern. Das unsägliche Bettelnmüssen um eine Beteiligung der Kladower Bürger an der Zukunftsplanung des Ella-Kay-Heimes zum Beispiel wäre überflüssig. Sporteinrichtungen würden gemäß den Beschlüssen des Ortsbeirates finanziert und es gäbe einen Heimat- und Kulturverein. – Moment! Gibt es den nicht jetzt auch, obwohl Kladow keine eigenständige politische Vertretung hat. Richtig: Das Kladower Forum ist genau das und lebt von der ehrenamtlichen Initiative und Arbeit engangierter Kladower Bürger. Aber in allen anderen Belangen, die für einen Ort wie Kladow wichtig sind, ist Kladow mit seinen 16.000 Menschen bloß ein winziges Anhängsel eines 250.000-Einwohner-Bezirks und einer Vier-Millionen-Metropole.
Natürlich sind wir Kladower auch Spandauer und/oder Berliner, aber was haben wir davon? Einen großen Steuerstaubsauger, der das überdurchschnittlich hohe Steueraufkommen in Kladow solidarisch über Berlin verteilt. Dafür haben wir eine miserable Infrastruktur für deren Verbesserung wir nur informell kämpfen können.
Können wir das ändern? Solange wir das Problem der mangelnden politisch formalisierten Repräsentanz Kladows nicht in der Öffentlichkeit, gegenüber der Politik und den Medien thematisieren, vielleicht nicht. Aber wenn?
Was ist z.B. mit dem Anliegen der Kladower Forums, das Dorfzentrum endlich mit einem echten Dorfplatz auszustatten? Das Kladower Forum engagiert sich seit Jahren dafür, die Parteien  müssten das Thema eigentlich in die BVV bringen, was aber nicht passiert. Lediglich in persönlichen Kontakten von Mitgliedern des Kladower Forums mit den Verantwortlichen im Bezirksamt gibt es Bewegung. Diese Kontakte sind aber kein politisches Recht, sondern hängen vom Wohlwollen der Stadträte und Abteilungsleiter ab. Positiv formuliert: Für einige Politiker und Amtsträger gehört es zum politischen Selbstverständnis, Gespräche mit engagierten Vertretern der Zivilgesellschaft zu führen und auf deren Anliegen einzugehen. Andere halten sich eher bedeckt. Hätten wir einen Ortsbeirat, hätten wir mehr formale Rechte. Wir dürfen als Kladower, also als Angehörige einer geographisch, historisch und politisch definierten Einheit nicht nachlassen, unsere Interessen besser wahrzunehmen. Es lohnt sich.

Detlef Horka
Mitglied der Gruppe Schönes Kladow im Kladower Forum e.V.

Beispiel Ortsbeirat Groß Glienicke – hier klicken