Frohe Ostern den Lesern unserer Website.
“Kein Osterfest ohne ihn”

In der letzten Woche erhielten wir den folgenden Text von unserer Leserin Gabriele Noeske aus dem Sandheideweg.  Sie möchte sich mit der kleinen Erzählung für die Arbeit im Kladower Forum bedanken.

Ein  gutes Osterfest und die Bereitschaft auf Neues bei Natur und Mensch wünschen
Gabriele Noeske  und Peter Wilhelm

Kein Osterfest ohne ihn

Vorspann: „Verehrte Leserinnen und Leser!

Hierauf dem Foto sieht man einen
Porzellaneierhalter. Sie dürfen ihn unvoreingenommen betrachten.
Für alle, denen die Abbildung zu klein ist, werde ich ihn kurz beschreiben:
Das runde-sechseckige, altweiße Porzellan
(es stammt  mindestens aus dem Hause Hutschenreuter , da die Signatur fehlt, kann ich es nicht nachweisen),
also das runde-sechseckige ,altweiße Porzelan  ist an den Rändern und an dem Haltering in Gold getaucht.
Alles ist natürlich etwas abgegriffen ,geschätztes Alter mehr als 80Jahre.
Gut zu erkennen sind die sechs Löcher, in die Eier der Größe M  hineinpassen.“

Ostersonntag 1952- Meine Familie sitzt endlich gemeinsam am Frühstückstisch
(Mutter, Vater und wir fünf Geschwister).
Es wird wild durcheinandergeredet, hatten wir doch gerade die „Karwoche“ überstanden, die enorm lautstärkenreduziert war.

In dieser „stillen“Woche alberte man nicht so einfach herum, wir lachten „erwachsener“  und die „Schlager der Woche“ vom Rias Berlin wurden noch leiser angehört.
Der Ostertisch hatte einen neuen Mittelpunkt bekommen:
den Eierhalter aus Porzellan.
Um ihn herum standen geköpfte,ausgepustete und bemalte Eier, wasserdicht auf einer Pappe  mit den ersten Frühlingsblumen.
Durch sein schlichtes-vornehmes und neutrales Aussehen paßte  er zu
unserem blauen „Jägergeschirr“ aus Thüringen.
Meine Mutter ergriff das Wort mit hochdeutschem, östereichisch-ostpreußischen Akzent:“ Liebes Gabrielchen, unsere richtig festliche Ostertafel haben wir dir zu verdanken. Du hast, wie ihr ja alle wißt, diesen wertvollen Porzellaneierhalter im vergangenen Herbst auf einem Müllberg gefunden!“

Mehr Worte waren nicht möglich, denn jetzt diskutierten meine beiden Brüder .
Ohne sie hätte ich nicht diesen Eierhalter entdeckt.
Sie wären die Meisterfinder!
Meine Erinnerung an diesen Spätnachmittag im Herbst ist ganz klar
und doch  nebelumwoben.

Der 2. Weltkrieg hatte in der Garnisonsstadt Neuruppin alles verändert.
Die verwaisten Villen vieler Bürger wurden von den Russen besetzt und
entrümpelt.Offiziere waren dort einquartiert.
Für die Häuser und alle anderen Kasernen galt: Eintritt verboten!

In dieser Nachkriekszeit rissen die aufregenden Ereignisse für mich nicht ab (meine Brüder waren Jahrgang 1941 und 1944- ich 46-igerin war ihr Anhang).

Ich mischte immer zwischen diesen beiden „Herren“ mit.
Die Russen waren überall und meine Brüder erklärten mir, wenn ich “Sdrastwütje!“ sagen würde, könnte mir nichts passieren.
Ich glaubte ihnen, jedoch das Wort war viel zu schwer, um es zu behalten.

Der 41-iger wollte es mir einfacher machen. Ich sollte mir einfach
„Drahtstifte“ merken.
Es dauerte nicht lange und ich konnte meine russ. Sprachkenntnisse beweisen.
Beim Brikettbeschaffen oder dem Organisieren von Pferdeäppeln für unseren winzigen Garten  waren wir bereits ein gutes Team. Der nächste Deal war ein Fünkchen gefährlicher und wir brauchten einen Plan.

Die Jungens hatten einen Schatz entdeckt!
Zwischen dem Alten Friedhof und den Gleisen in der Nähe des Rheinsberger Tores, gab es eine Müllkippe,
auf der „wertvolle Gegenstände“ achtlos herumlagen.
Bei allen Freiheiten  galt für uns die Order,  stets um 18.00 Uhr zu Hause zu sein.
Da ich erst um 15.00 Uhr  vom Kindergarten abgeholt werden durfte, blieb uns nur wenig Zeit, um diesen Schatz zu bergen.
Unser Plan sah vor, das alles, was gebraucht werden könnte, in ein Versteck am Wall  vorerst gebracht wird.

Wir schaufelten feuchtes Laub zu einem größeren Berg .
Auf dem Weg aber zur Fundstelle hatte ich starkes Herzsausen, spürte ich doch bereits die Russenpatroille, die Toten auf dem Friedhof und „heransasende“ Züge.
Meine beiden „Männer“ nahmen darauf keine Rücksicht.

Im Schummerlicht fanden wir Raritäten, Kuriositäten und einfachste Gebrauchsgegenstände.

In Windeseile hatte ich einen Eierhalter aus Porzellan entdeckt, den ich nicht mehr los ließ.

Meine Brüder legten die Ware auf einen Extraplatz und begannen gemeinsam oder allein alles  in unser Versteck zu schleppen. Ich mußte den Sonderplatz bewachen, in der Hand hatte ich meinen Eierhalter.
Meine Ohren waren damals noch sehr gut. Ich hörte, wie die russischen Personen näher zu mir kamen.
Bei allem Aufgeregtsein fiel mir dann doch das Zauberwort „Drahtstifte“ ein.
Brav sagte ich es und die Russen zogen lachend von dannen.
Erleichtert ging ich mit meinen Brüdern, mir machten nicht einmal die Gleise mehr Angst.

Nach dem Tod meiner Mutter erbte ich diesen Eierhalter.
Er wurde zum Mittelpunkt meiner Ostertafel und erinnert mich an den
Ostersonntag aus längst vergangener Zeit!
Kein Osterfest ohne ihn!

Wir schließen uns den Ostergrüßen von Frau Noeske  an, und freuen uns wenn Sie uns Anregungen oder Kritik zu unserer Website senden.